Graphische Auswertungen

Gegenüber unübersichtlichen Zahlenkolonnen sind graphische Aussagen in der Regel dann anschaulicher, wenn mit ihnen eine Verdichtung auf die wesentlichen Inhalte erfolgt. Die Grenzen der Anschaulichkeit sind mit dem Vorstellungsvermögen des Betrachters gegeben. Aus diesem Grund wird eine n-dimensionale mathematische Variante dafür eher nicht in Betracht kommen. Man wird sich stattdessen mit den üblichen drei Dimensionen begnügen, in die wir unsere tägliche Raumerfahrung projizieren.

x-y-Grafik

Rechtwinklige Darstellungen mit den Koordinaten x und y sind eine häufig und gerne benutzte Variante graphischer Darstellungen der gegenseitigen Abhängigkeit von Variablen. Ergibt sich keine augenfällige Abhängigkeit, dann sucht man eben etwas länger in einem komplexen Datensatz, in der Hoffnung, doch noch irgend etwas zu finden. Die Zahl der Möglichkeiten wächst mit der Zahl der Variablen rasch. Bei einer entsprechenden Sortierung der Analysenwerte der Tabelle 1 wird man jedoch unschwer eine deutliche gegenseitige Abhängigkeit der Gehalte von SiO2 und FeO feststellen. Geochemisch kommt darüber hinaus auch SiO2 gegen (FeO, MgO, MnO) in Frage. Die lineare Anordnung der Projektionspunkte in Abbildung 1 ist ganz eindeutig, der Aussagewert der Grafik dagegen sehr beschränkt : Sowohl SiO2 als auch FeO sind Hauptkomponenten, die Zunahme der einen bedingt zwangsläufig die Abnahme der anderen. Die Grafik kann nichts anderes zum Ausdruck bringen als eben dieses Prinzip aller jemals nach dem Rennverfahren erzeugten Schlacken, gleichgültig ob es Eisen-, Kupfer- oder Bleischlacken sind. Allenfalls die Absolutwerte und Abweichungen der projektierten Endwerte von 100% können noch Zusatzinformationen liefern. In der Tat wird man feststellen, daß die Analysen noch andere Komponenten im Prozentbereich enthalten (CaO, Al2O3, Alkalioxide, P2O5) und es muß geprüft werden, inwieweit sie das Ergebnis modifizieren, wenn man sie zusätzlich mit berücksichtigt.


Abbildung 1

Abbildung 1.
FeO- und SiO2-Gehalt in gallo-römischen Eisen-Reduktionsschlacken im Morvan (nördliches franz. Zentralmassiv), mit Regressionsgeraden. Nach Daten von W. Birke (Dissertation W. BIRKE, Mainz 1987). FeO=Gesamteisen, ohne Berücksichtigung des Oxidationsgrades. Die Projektion auf die FeO-freie Zusammensetzung (SiO2 = 50-55Gew.%) macht deutlich, dass außer den maximal vier dargestellten Komponenten noch weitere Oxide am Aufbau der analysierten Schlacken beteiligt sind.


3-Komponenten-Darstellungen

Rechtwinkliger 3D-Raum

Mit der Einführung guter rechnergestützter Auswerteprogramme haben inzwischen auch räumliche Darstellungen weite Verbreitung gefunden. Hierbei handelt es sich weit überwiegend um orthogonale Darstellungen, in denen auf die Ebene von x und y noch eine z-Achse senkrecht aufgesetzt wurde. Damit kann z.B. sehr gut die Abhängigkeit einer Variablen Z von zwei unabhängigen Variablen X und Y graphisch dargestellt werden. Ein archäometallurgisches Beispiel zeigt die Abbildung 2. Die Zahl der Variablen in der einen oder anderen Richtung der Basis läßt sich beliebig erhöhen (z.B. durch Angabe verschiedener Elemente in Reihen), aber die Zeichnung degradiert dann zu einem reinen Häufigkeitsdiagramm. Eine weitere Komponente mit gegenseitiger Abhängigkeit kann nicht dargestellt werden. Für eine vierte Komponente steht keine weitere Richtung des 3D-Raums mehr zur Verfügung.


Abbildung 2

Abbildung 2
Ausbeute an metallischem Eisen in Abhängigkeit von der Zusammensetzung des Erzes und dem Anteil aufgeschmolzener Ofenwand. Der Berechnung liegt ein FeO-Gehalt des Erzes von 87,00 Gew.% und von 6,55 Gew.% in der Ofenwand zu Grunde (A. KRONZ und I. KEESMANN 1995).


Dreiecksdarstellung

Eine andere Möglichkeit, drei Komponenten in gegenseitiger Abhängigkeit darzustellen, ist die Verwendung gleichseitiger Dreiecke, einer Methode, die in geochemischen Untersuchungen häufig verwendet wird. Dreiecksprogramme können dort eingesetzt werden, wo eine Normierung der 3 Variablen auf 1 bzw. auf 100% sinnvoll ist. Im Falle der Analysentabelle 1 wäre jetzt zu entscheiden, ob zusätzlich zu SiO2 und FeO (+MgO, MnO) entweder CaO oder Al2O3 als dritte Komponente gewählt werden soll. Diese Entscheidung sollte nicht ohne Prüfung erfolgen, also sind beide Möglichkeiten darzustellen (Abbildung 3). Grundsätzlich arbeiten wir jetzt mit den beiden dargestellten Dreiecksdiagrammen zusammen bereits in einem 4-Komponenten-System CaO-Al2O3-FeO-SiO2 ! Daraus ergeben sich insgesamt vier verschiedene Elementkombinationen für Dreistoffsysteme. Dennoch hätte es wenig Sinn, die beiden anderen möglichen Darstellungen CaO-FeO-Al2O3 (ohne SiO2) bzw. CaO-Al2O3-SiO2 (ohne FeO) zu wählen, da die analysierten Schlacken einerseits SiO2-reich und andererseits auch FeO-reich sind. Wie die beiden Dreiecksdarstellungen der Abbildung 3 zeigen, liegt sowohl bei CaO (+K2O, Na2O) als auch bei Al2O3 eine deutliche Abhängigkeit vom FeO/SiO2-Verhältnis vor. Aber keine der beiden Darstellungen stellt die Realität in vollem Umfang dar. Die beste Annäherung wäre eine Kombination der beiden Dreiecke zu einem einheitlichen Gesamtsystem CaO(+AlkO2)-FeO(+MgO, MnO)-Al2O3-SiO2. Damit wären immerhin bereits mehr als 90-95% der Summe der Einzelanalysen erfaßt.


Abbildung 3

Abbildung 3.
Dreistoffsysteme CaO(+AlkO2)-FeO-SiO2 und FeO(+MgO, MnO)-Al2O3-SiO2. Gallo-römischen Eisen-Reduktionsschlacken im Morvan (nördliches franz. Zentralmassiv). Die Reihungen der Analysenpunkte zeigen deutliche Abhängigkeit sowohl des CaO+Alkali- als auch des Al2O3-Gehaltes vom Verhältnis FeO/SiO2. Nach Daten von W. BIRKE (Dissertation W. BIRKE, Mainz 1987).


Räumliche Darstellung im Tetraeder

Punktdarstellung Tetraeder/Dreieck

Tatsächlich sind die beiden Dreiecke aus Abbildung 3 zwei von den vier Seiten eines Tetraeders (Abbildung 4). Die Wahl der beiden Teilsysteme als Dreiecksdiagramme war insofern sinnvoll, als die darstellenden Punkte unserer Analysen nahe bei der gemeinsamen Kante FeO-SiO2 liegen. Tatsächlich handelt es sich bei den Dreiecken aber nur um die Darstellung der jetzt erkennbaren Raumpunkte auf die Tetraederflächen. Die Projektion bewirkt eine Verzerrung, die umso größer ist, je weiter die Raumpunkte von der jeweiligen Projektionsfläche entfernt liegen.

Abbildung 4

Abbildung 4.
System CAfS. C= CaO+K2O+Na2O, A= Al2O3, f=FeO+MgO+MnO, S= SiO2. Darstellung der Analysen aus Tabelle 1 in einem Tetraeder (Mol-%). Kugeln: Raumpunkte, kleine Punkte: Projektion der Raumpunkte auf die Basis des Tetraeders (SiO2=0).


Es ist damit ganz bestimmt sinnvoll, einen möglichst großen Anteil der vollständigen Analysen darzustellen und sie auf diese Weise miteinander zu vergleichen. Das wiederum kann nur bedeuten, eventuell zusätzliche Analysenbestandteile sinnvoll auf die insgesamt nur 4 zur Verfügung stehenden Komponenten zu verteilen. Bei archäometallurgischen Schlacken bietet es sich an, FeO mit MgO und MnO zu einer Komponente zusammenzufassen, sowie CaO+K2O+Na2O. Für phosphorreiche Proben kann es zusätzlich unter kristallchemischen Aspekten sinnvoll sein, auch SiO2 und P2O5 zusammenzufassen. Allerdings ergeben sich mit allen diesen formalen Vereinfachungen andere Schwierigkeiten, z.B. bei der Temperaturabschätzung in Schmelzsystemen (s.u.).
Tabelle 2 enthält Analysen einer Serie von Kupferschlacken aus dem Zentraliran.

Tabelle 2

Tabelle 2.
Kupferschlacken aus dem Zentraliran (vermutlich überwiegend mittelalterlich). Die Pauschalanalysen wurden in Mol-% umgerechnet und auf die 4 Werte C-A-f-S reduziert. Entsprechend dem abnehmenden FeO-Gehalt der Analysen sind sie in der Tabelle mit verschiedenen Farbwert-Zahlen versehen (Z. HEZARKHANI und I. KEESMANN 1996).

Würde man nur die Projektion dieser Kupferschlacken auf eine bestimmte Dreiecksfläche wählen (Projektion der Analsenpunkte auf die Fläche FeO-Al2O3-SiO2, vgl. Abbildung 7), dann würde man eine gewisse Übereinstimmung zwischen den gallo-römischen Eisenschlacken und den wahrscheinlich deutlich jüngeren iranischen Kupferschlacken feststellen. Diese – begrenzte – Vergleichbarkeit entspricht zwar durchaus dem gemeinsamen Charkter beider Schlackenserien als im Prinzip „rennfeuertypisch“. Andererseits überwiegt in den iranischen Kupferschlacken der C-Wert so stark gegenüber dem Al2O3, dass sich daraus schwerwiegende Konsequenzen in der mineralogischen Zusammensetzung ergeben, die nicht mit diesen Eisenschlacken kompatibel sind (vgl. Abbildungen 5 und 8). Die Projektion auf die Fläche f-A-C (Abbildung 7) täuscht im übrigen insbesondere für die CaO-reicheren Proben überdurchschnittlich hohe Al2O3-Gehalte vor. Es handelt sich hierbei um eine typische Verzerrung durch die Projektion. Erst die Projektion der Kupferschlacken auf die CfS-Fläche zeigt die für diese Kupferschlacken-Serie charakteristische Verteilung: Sie liegen alle innerhalb eines relativ schmalen Bandes und bilden darin zusätzlich einzelne, voneinander abgesetzte Schwerpunkte.

Drehung und Stereoansicht

Die graphische Konstruktion eines Tetraeders aus 4 kongruenten Dreiecken auf dem Bildschirm eines Computers ist natürlich wieder nur die Projektion eines dreidimensionalen Körpers auf eine Fläche. Es ergibt sich zunächst nur ein Pseudo-Raumein-druck, den man durch graphische Effekte noch verstärken, aber auch verfälschen kann. Ein besserer Raumeindruck kann sich dann ergeben, wenn man das Tetraeder während der Betrachtung um eine oder mehrere Achsen drehen kann. In den Abbildungen 6a und 8 ist z.B. zu sehen, daß die dargestellten Punkte ein relativ enges Band belegen. Es ist aber nicht zu erkennen, wo genau die teilweise gehäuften Punkte tatsächlich im Raum liegen. Eine angenäherte Konstruktion einer tetraederinternen Verteilungsfläche ist auf der Grundlage der Projektionen auf die Dreiecksflächen möglich. Aber erst durch Drehung des Tetraeders in eine geeignete Position wird deutlich, daß praktisch alle Punkte auf einer Fläche liegen, die etwa parallel zur Tetraederfläche CaO-FeO-SiO2 verläuft ! Zusätzlich kann man auch versuchen, zwei etwas gegeneinander gedrehte Teilbilder zu einem Raumbild zu kombinieren, das auch tatsächlich den gewohnten Raumeindruck vermittelt. Eine dieser Möglichkeiten ist mit der Grafik in Abbildung 5 dargestellt. Es handelt sich um eine sogenannte Anaglyphendarstellung.


Abbildung 5

Abbildung 5.
Stereoskopische Darstellung von Kupferschlacken entsprechend Tabelle 2. Zwei FeO-reiche Proben sind Schlacken mit reliktischem Eisenoxid und wurden hier nicht berücksichtigt. Der unmittelbare Raumeindruck eines teilweise aus der Bildschirmfläche heraustretenden bzw. teilweise dahinter zurücktretenden Körpers und die Anordnung der Analysenpunkte im Raum ergibt sich bei Betrachtung mit einer rot-grün- oder rot-blau-Brille (rot jeweils links!). Die Grafik wurde mit dem Programm Rotater 3.5 erzeugt (C. KLOEDEN 1995). Bildschirmkopie.

Weiter